"Adventure", wenn wir uns mit Reisen beschäftigen, begleitet uns dieses Wort aktuell fast zwanghaft. Was früher lediglich ein Urlaub sein wollte, möchte heute als besonderes Erlebnis gelten, als Adventure. Was früher ein Alleinstellungsmerkmal war, ist heute der Standard.
Ich habe die letzten zwei Wochen über ein Video nachdenken müssen, welches ich auf YouTube gesehen habe. "Philippinen 2017 - Adventure meines Lebens", oder so ähnlich war der Titel des ca. 10 minütigen Beitrags. Dieser dokumentiert den 3-wöchigen Hotel-Urlaub eines jungen Erwachsenen. Das Video war in einem professionellen Format erstellt und ansprechend. Zu denken gibt mir, dass viel Mühe und Begeisterung in dieses Videoformat gesteckt wurde. Betitelt mit "Adventure meines Lebens". Vor 40 Jahren war es gewiss eine teure und spannende Angelegenheit, mit einer Rumpelkiste von Flugzeug auf die entlegenen Inseln Asiens zu fliegen und diese zu entdecken. Heute ist der Massentourismus dort angekommen. Es gehört zur Vita junger Menschen in ihrer Sturm- und Drangzeit die Welt zu entdecken. Auszubrechen und einfach zu tun, worauf sie Lust haben. Aber bitte, wie niedrig ist das Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten und wie hoch die inflationäre Verwendung des Begriffs "Adventure"? Diese Frage treibt mich um, wenn ich an das Video denke.
Was ist ein "Adventure" und wie wird es dazu?
Vielleicht sollten die Abenteurer damit aufhören, Abenteuer zu planen. Die Auszeichnung "Abenteuer" erhält eine Situation nicht in dem Moment, in dem sie erlebt wird. Retrograd betrachtet stechen einzelne Facetten des Erlebten hervor. Probleme mussten gelöst, Entscheidungen getroffen werden und Verantwortung für das eigene Handeln hat Angst verursacht. Von unserer Umwelt und unserer Herkunft sind wir Menschen darauf programmiert, dass es uns Spaß macht Probleme zu bewältigen. Unser Gehirn belohnt uns dafür naturgemäß mit Glückshormonen. Wir verfallen in einen Flow. Später klingt es immer gleich: "Ich hätte nicht gedacht, dass das jemals klappt und dann war es ein Selbstläufer". So oder ähnlich lauten die Geschichten im Kern.
Prof. Felix v. Cube, Erziehungswissenschaftler und Motivationsexperte, beschreibt das Phänomen kurz als "Unsicherheit in Sicherheit verwandeln". Unsicherheit hemmt uns, in jeder Lebenslage. Der Prozess, in dem aus Unsicherheit neue Sicherheit wird empfinden wir als Freiheit, als Erleichterung, als Errungenschaft und als Selbstermächtigung.
Zu einem Abenteuer gehören nach Überlegung also zumindest folgende Faktoren: Etwas Neues, etwas Problematisches und die selbst erschaffenen Lösungen. Je stärker die eigene emotionale Einbindung desto mehr wird die Situation im Gedächtnis bleiben. Bilder, Gerüche und Gefühle brennen sich förmlich in unsere Festplatte ein. Diese Probleme muss sich der Abenteurer durch sein Vorhaben selbst erschaffen und selbst lösen. Egal ob allein oder als Gefahren- oder bessergesagt Reisegemeinschaft.
Am Ende bleibt festzuhalten, dass ein Abenteuer - auch wenn die Werbewelt es doch allzu gerne so verkaufen möchte - nicht nur aus spektakulären Bildern besteht. Das Abenteuer entsteht in uns und ist meist in der Situation einfach unangenehm. Unsere späteren Gefühle lassen es zum Abenteuer werden ... und das können wir bei jedem hören, der von einem wirklichen Abenteuer berichtet.
Wann berichtest du von deinem nächsten Abenteuer? Lass es uns wissen und wir setzen deine Erlebnisse in unseren Gästeblog.
© Nov 2017 – Sebastian für The Way to Adventure